Glassorten und Glasarten für die Aquaristik


    • Klex
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    • Glassorten und Glasarten für die Aquaristik

      Hallo Forum,

      Um nicht in einem Thread über ein periferes Thema zu klugscheißern, im Interesse der Neueinsteiger, die im Begriffsdschungel Orientierung suchen, finde ich es passender, hier zusammen zu fassen, was ich recherchiert habe. Vor allem im Hinblick auf die herumgeisternden Begriffe.

      Weissglas: Glas mit noch geringerem Grünanteil als Standartglas (Fensterglas). Der Effekt ist natürlich bei dickeren Platten größer als bei dünneren. Auch das verwendete Lichtspektrum ist im Einsatz ein wichtiger Aspekt. ( :top: Roland)

      Optiwhite glass: Dabei handelt es sich um ein geschütztes Warenzeichen. Es ist ein zusätzlich gecoatetes Weissglas. Durch die Entspiegelung (?) entsteht ein noch stärkerer Eindruck von Durchsichtigkeit und Farbtreue. Allerdings ist es wesentlich teurer als die anderen in Frage kommenden Glassorten.

      Standartglas: Der geeignetere Gegenbegriff zu den vorgenannten Sorten.

      Floatglas: Der Begriff bezieht sich ausschließlich auf das Herstellungsverfahren der Platten. Das bereits auf 1100°C abgekühle, zähflüssige Glas fließt (floatet) auf ein Zinnbad. Zinn ist bei 300°C noch flüssig, während das Glas bei dieser Temperatur bereits fest ist. Die beiden Materialien vermischen sich nicht, so dass sich nach Abkühlung ein endloses Glasband mit absolut planen und parallelen Flächen abheben lässt (Toleranz ca. 0,001mm). Danach durchläuft das Band einen Kühlofen und wird am Ende der Anlage zu definierte Platten geschnitten. Um Oxydation des Zinns zu vermeiden finden dieser Teil in eines Stickstoffatmosphäre statt.
      Das Verfahren wurde schon Anfang des 20.Jhd. entwickelt, allerdings fanden sich erst Mitte der 50er Investoren, die das wirtschaftliche Wagnis eingehen wollten. Anfang der 60er wurde das Verfahren der Öffentlichkeit vorgestellt und das hat dann vor allem die Architektur aber auch die Aquaristik enorm beeinflusst.
      Anfänglich konnten nur Platten mit etwas über 6mm hergestellt werden (die Stärke in die Glas von selbst verläuft). Heute können Materialstärken zwischen 0,4mm und (theoretisch) 35mm hergestellt werden. Die Maschinen dafür heißen Toproller oder Edgeroller. Interessant ist vllt noch dass die Anlagen 11 Jahre lang durchgehend laufen und dann gewartet und teils grundlegend neu aufgebaut werden.
      Vorteil ist die günstige Herstellung sehr hochwertiger Glasplatten, wegen des großen Outputs der Anlagen.

      Heute werden 95% des Flachglases im Floating- oder Floatverfahren hergestellt. Das Glas ist Ausgangsmaterial nicht nur für flache Scheiben sondern auch für Fahrzeugglas, geformte Bauteile aller Art und auch für vorgespanntes Glas. Und ja, auch Weissglasplatten werden mit diesem Verfahren hergestellt.

      Einen weitern Aspekt möchte ich noch erwähnen. Für das Floatverfahren muss das Glas bereits bei hoher Temperatur fest werden. Der Glaser spricht von "kurzen Gläsern" der Begriff bezieht sich auf das Temperaturfenster in dem das Material plastisch und bearbeitbar ist. Bei der Herstellung von geblasenem Glas, also Flaschenrecycling benötigt man dagegen "lange Gläser". Deshalb, bitte, bitte kein Flachglas in den Altglascontainer! Dadurch kann eine ganze Charge unbrauchbar werden.

      Hier noch ein Wikieintrag mit mehr Details: de.wikipedia.org/wiki/Floatglas

      Ergänzungen, Anmerkungen oder Richtigstellungen sind willkommen. :yes:

      Gruß Thomas
    • Hallo Stefan,

      mein Glaser sagte mir mal dass Weißglas wesentlich weniger Eisenoxid enthält. Wieso wusste ich bisher nicht. Jetzt aber schon! Das Eisenoxid ist Bestandteil des Quarzsandes. Und dieses Eisenoxid ist für die grünliche Färbung verantwortlich.

      Das Internet sagt:
      Zitat: Bei Weißglas werden ausgesuchte, extrem eisenoxidarme Rohstoffe oder chemische Verfahren zum Entfärben der Glasschmelze verwendet, so dass ein absolut farbneutrales, extra weißes Glas hergestellt wird.

      Ob der Aufwand so groß ist und/oder die Kosten für dieses chemische Verfahren so hoch sind dass der doch viel höhere Preis gerechtfertigt ist kann ich aber auch nicht sagen. Ich denke aber schon.
      Mein Glaser sagte übrigens auch mal dass die Stangenaquarien aus dem Handel für sein Empfinden viel zu günstig sind. Er könne da mit dem Preis gar nicht mithalten.

      Mit den extrem hohen Energiekosten im Moment wird sich die Sache mit dem "günstigen" Glas ohnehin erledigt haben, befürchte ich.
      Ich überlege gerade ob ich die neuen Fenster für mein Haus nicht doch noch in diesem Jahr kaufen sollte :denknach:


      Gruß Roland
    • Der Unterschied, lieber Stefan, liegt in der Chemie, wie Roland an einem konkreten Beispiel schon ausgeführt hat. Aber nicht nur die Auswahl der Sande, sondern auch des Kalkes, Sodas und der Pottasche sind Stellschrauben, um die physikalischen Eigenschaften des Glases zu beeinflussen. Dazu kommen die verschiedenen Zuschlagstoffe.

      Es gibt angeblich 350 Floatglasanlagen und vermutlich deutlich weniger Herstellerfirmen, weil sicher etliche davon mehrere Anlagen betreiben. Es ist ein riesiger Markt mit nur wenigen Anbietern. Da sind die Rezepte und verwendeten Rohstoffe sicher streng gehütete Betriebsgeheimnisse. Es geht um Alleinstellungsmerkmale...

      Der Preis von Floatglas, denke ich, wird stark von den Gesetzen der Marktwirtschaft und eher (situations)bedingt von Kosten für Rohstoffe und Energie beeinflusst.

      Gruß Thomas.