Einfahrzeit und Bakterienhaushalt


    • KatiG
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    • Einfahrzeit und Bakterienhaushalt

      Einfahrzeit und Bakterienhaushalt

      Da wir hier gelernt haben, unter welchen Bedingungen die chemischen und biologischen Prozesse im Aquarium ablaufen, folgen an dieser Stelle einige Aspekte zur "praktischen Anwendung".

      - Einfahrzeit und der berüchtigte Nitrit-Peak
      - Wasser aus eingefahrenen Aquarien bei Neueinrichtung verwenden?
      - Filterreinigung und Mulm absaugen


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      Einfahrzeit und der berüchtigte Nitrit-Peak

      Wird ein Aquarium von Grund auf neu eingerichtet, sind die für die Nitrifikation notwendigen Bakterien natürlich nicht sofort in der Menge vorhanden, in der sie benötigt werden.
      Darin liegt die allgemein beschriebene Notwendigkeit der sog. Einfahrzeit.
      Diese Zeit soll den Bakterien die Möglichkeit geben, sich zu vermehren und das Aquarium somit auf den kommenden Besatz vorzubereiten.

      Nichtsdestotrotz werden sich die Bakterien nicht einfach so unendlich vermehren. Sie passen sich vielmehr der tatsächlichen Belastung des Wassers d.h. der Menge der zu verarbeitenden Stickstoffverbindungen an.
      Aus diesem Grund macht es in der Tat wenig Sinn, ein AQ "leer" einlaufen zu lassen.
      Kriegen die Bakterien nichts zu futtern, werden sie sich auch nicht genügend vermehren.
      Daher ist es ratsam, bereits in der Einfahrzeit Pflanzen einzusetzen.
      Als frühster Besatz eignen sich auch gut kleine Schnecken, die dann widerrum mit ein paar Krümeln Flockenfutter o.ä. gefüttert werden können.
      Dieser Erstbesatz sorgt dann dafür, dass sich eine gewisse Bakterienpopulation etablieren kann.

      Die Vermehrung der beiden wichtigsten Bakteriengattungen Nitrosomonas sowie Nitrobacter erfolgt jedoch nicht gleichmäßig.
      Dafür gibt es verschiedene Gründe, wie z.B. Zellteilungsrate, Empfindlichkeit gegenüber verschiedener Wasserparameter wie Temperatur oder pH-Wert.
      Ein wichtiger Punkt ist dann aber auch die Verfügbarkeit der entsprechenden Substrate (="Nahrung") der einzelnen Bakterien.
      Dadurch gibt es irgendwann einen "Stau" in der Reaktion Ammoniak/Ammonium → Nitrit → Nitrat.
      Der Schritt Ammoniak/Ammonium → Nitrit wird bereits durch eine hohe Anzahl von Nitrosomonas durchgeführt.
      Die Nitrobacter jedoch brauchen zunächst eine etwas längere Anlaufzeit, da das Nitrit ja erstmal entstehen muss.
      Während also die Nitrosomonas fröhlich aus Ammoniak/Ammonium Nitrit produzieren, müssen sich die Nitrobacter jetzt (da endlich "Futter" in Form von Nitrit vorhanden ist) erstmal so richtig mit der Vermehrung ins Zeug legen.
      Und genau in dieser Zeit kann es zum Ansteigen des Nitrit-Wertes kommen, da die erforderliche Anzahl der Bakterien ja nicht schlagartig da ist.
      Dieses Ansteigen des Nitrit-Wertes wird unter Aquarianern als Nitrit-Peak bezeichnet.

      Aus diesem Grund sollte man seinem Aquarium einfach einige Zeit gönnen, eine gewisse Bakterienpopulation in Ruhe aufzubauen.
      Diese "Wartezeit" bietet euch zudem eine gute Gelegenheit, euch Gedanken über den möglichen Besatz zu machen.

      Wann es sinnvoll bzw. möglich ist, die ersten Fische einzusetzen, wird in einem späteren Kapitel näher beschrieben (folgt später).

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      Wasser aus eingefahrenen Aquarien bei Neueinrichtung verwenden?

      Bei Neueinrichtung eines Aquariums wird oft geraten, Wasser aus einem “eingefahrenen” Becken zu verwenden.
      Dies ist jedoch wenig effektiv, da sich die entscheidenden Bakterien weniger im freien Wasser aufhalten, sondern generell Oberflächen benötigen, an denen sie anhaften können.
      Die optimalsten Bedingungen finden die Bakterien daher meist im Filter und im Bodengrund, bzw. dort im Mulm.
      Mulm ist eine Mischung aus organischer, sowie anorganischer Materie (Bakterien, Pflanzenresten, Mineralien) und wird auch als Filterschlamm bezeichnet.

      Daher ist es wesentlich sinnvoller, die so oft erwähnte Ladung Filterschlamm/Mulm zu verwenden, bzw. Schwamm/Watte/Vlies eines eingefahrenen Filters einmal kräftig im neuen Aquarium auszudrücken (auch “animpfen” genannt).
      Das mag erstmal nach einer Riesenschweinerei aussehen, legt sich aber nach einiger Zeit und ist in der Tat die effektivste Methode ein Aquarium innerhalb kurzer Zeit “besatztauglich” zu machen.

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      Filterreinigung und Mulm absaugen

      Da wir nun wissen, dass sich die wichtigen Bakterien vorwiegend im Filter und im Bodengrund aufhalten, ist es nachvollziehbar, dass mit einer Reinigung des Filters bzw. beim Absaugen von Mulm aus dem Bodengrund eine Menge Bakterien verloren gehen.
      Daher sollten diese Maßnahmen i.d.R. nicht regelmäßig und schon gar nicht gleichzeitig durchgeführt werden.
      Einen Filter bzw. Filtermaterialien sollte man immer nur dann reinigen, wenn die Strömung des Filters stark nachgelassen hat, da mit abnehmender Strömung auch die Sauerstoffversorgung der Bakterien im Filter abnimmt.
      Bei kleineren Filtern, die nur mit einem Schwamm oder Watte laufen, reicht es, das Material nur grob unter fließendem Wasser oder im abgelassenen Aquarienwasser (z.B. beim Wasserwechsel) auszudrücken.
      Bei größeren Filtern (z.B. Außenfiltern) ist meist eine leichte Reinigung des Feinfiltermaterials (Schwamm/Watte/Vlies) ausreichend.
      Die gröberen Filtermaterialien kann man weitestgehend unangetastet lassen.

      Durch Aussscheidungen von Fischen, Futterreste oder abgestorbene Pflanzenteile kann sich mit der Zeit einiges an “Dreck” im und auf dem Boden ansammeln (= organische Biomasse).
      Hier finden aber auch Bakterien gute Bedigungen zum Wachstum.
      Gerade in den oberen Bodenschichten herrscht noch eine gute Sauerstoffversorgung und die organische Biomasse dient den Bakterien als Nahrung, welche daraufhin in anorganische Verbindungen ungewandelt wird und dann wiederum von den Pflanzen verwertet werden können.
      Daher ist es auch hier nachvollziehbar, dass ein regelmäßiges Absaugen des Bodengrundes eher kontraproduktiv wirkt, da mit jedem Absaugen wichtige Bakterien verloren gehen.

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    • Hallo,

      Deine Ausführungen über die Einlaufphase in Aquarien ist wirklich sehr verständlich und gibt im Groben die biologischen Abläufe wieder.

      Doch sollten wir nicht den aktuellen Stand der Aquaristik vergessen. Hier scheint der hier dargestellte Stand der Dinge doch recht veraltet. Gibt es doch schon seit Jahren einige Bakterienkulturen die den Einsatz von Fischen binnen kürzester Zeit erlauben. Somit wird die biologische Einlaufphase stark verkürzt.

      Bis vor einigen Jahren konnten wir hier auf Bakterienstämme zurück greifen, welche sich im gekapselten Stadien oder in Zystenstadien befanden. Hier war es jedoch notwendig dem Aquarium über mind. 8 Tage eine gewisse Dosierung beizugeben. Dies ist begründet das der normale „Nitritpeak“ nach ca. 5-7 Tagen einstellt. In diesem Zeitraum jedoch brechen die bereits beigegebenen Zysten auf und die Bakterien können dem Peak entgegen wirken.

      Seit einigen Jahren sind jedoch auch lebende Bakterien auf dem Markt die, bei richtiger Dosierung, einen Besatz bereits am 3. Tag erforderlich machen. Anderenfalls würden die nun vorhandenen Bakterien verhungern und erneut für einen Anstieg des Nitrit sorgen.

      Ich selber bin Aquarianer seit 1972 und habe mich immer geweigert Filtermaterial oder Mulm aus bereits bestehenden Aquarien zu verwenden. Dies liegt wahrscheinlich in der Vorstellung, das ich mir hier nicht nur Bakterienstämme, sondern auch Nitrat, Phosphat und andere Schadstoffe ins Aquarium hole, welche bereits im frühen Stadium für eine sehr gute Algenentwicklung sorgen. Abgesehen von den latent vorhandenen schädlichen Bakterien (Krankheitserregern). Mein „neues“ Aquarium soll sich als Biotop eigenständig entwickeln und somit greife ich seit Jahren auf direkt für die Aquaristik entwickelte Bakterienstämme zurück, welche auch Nitrosoma und Nitrobacter enthalten.
      Ich will Deinen sehr guten Beitrag nicht kaputt machen, doch sollten wir Aquarianer auch auf die Neuerungen und die Entwicklung in der Aquaristik eingehen und diese akzeptieren. Nichts ist schädlicher als ein ignorieren und somit ein Stillstand.
    • Hallo Thomas,

      ja der Fortschritt ist nicht aufzuhalten..

      Ich sehe da aber leider auch andere "Gefahren" es wird sich mit unter noch weniger Gedanken um den Besatz gemacht,Pflanzen haben keine Zeit richtig anzuwurzeln,Fische rammel die aus...fazit man fummelt öfter im AQ rum,was für die Tiere auch Stress ist..und wir wissen Stress ist Krankheitsverursacher Nummer 1... :cry:

      Mir ist es in der Einlaufphase auch oft so gegangen...ach nöö..das muss noch anders und dieses und jenes..da kann man in einen tierlosen AQ fummeln,wie das Herz begehrt..

      Auch habe ich die Erfahrung gemacht ,das gerade die AQs die ich mal ohne Filterschmodder einlaufen lies,zur Algenzuchtplantage motierten..anderes Wasser andere Sitten..nun ja..es macht halt jeder andere Erfahrungen..

      Ich bin allerdings für das Altbewährte und kaufe mir lieber ein paar Pflänzchen mehr als die Baktinetten.. :cool:
    • Dieses Thema ist zwar schon etwas älter, aber ich habe es mir mal durch gelesen da ich ja Änfänger bin (mein Becken ca 5 Monate alt bzw jung).

      Meine Frage wäre zum Thema Mulmabsaugen:
      In welchen Zeitraum sollte man das machen? :confused:

      Ich beobachte immer öfters das mein Fischbestand gerne am Boden rumwühlen bzw. aufwühlen und dabei auch was zum schmatzen finden. Habe nämlich irgendwie ganz verfutterte Fische die den ganzen was fressen könnten.
    • Hallo Claudia,

      beim Mulmabsaugen gibt es keinen bestimmten "Zeitplan".
      Ich für meinen Teil sauge nie Mulm ab. Es sammelt sich aber auch kaum etwas an. Bei Aquarien mit großen und vielen Fischen kann das dann schonmal häufig der Fall sein.
      Wenn dich der Mulm stört oder eine richtige Schicht entstanden ist, dann saugst du halt ab. Einfach nach Gefühl...

      PS: Immer ein bissl "Dreck" am Boden ist nur natürlich und würde ich so lassen.
    • Da ich ein kleines Anfängerbecken von 84 l und zur Zeit einen ziemlich hohen Besatz hab, lagert sich einiges ab. Möchte aber auch nicht zuviel Stress ins Becken bringen indem ich jeden 3. Tag absauge.

      Mein Besatz zur Zeit:
      8 blaue Neon
      6 kardinälchen
      3 Black Mollies (nachwuch mit 4 Junge)
      2 Albino Fadenwelse
      ca. 20 Guppies (wobei viele Jungtiere dabei sind)
      5 Mörderschnecken

      Nicht schimpfen, ich weiß das mein Becken überfüllt ist. Es sind heute schon ca 15 Guppys weggegangen, bei den anderen muß ich noch warten bis man erkennen kann ob männlein oder weiblein.

      @[B]Rupertaquarium-stammtisch.de/Forum/member.php?u=446[/B]
      Leider sind keine Garnelen vorhanden